"Kindesmisshandlung ist eine nicht zufällige (bewusste oder unbewusste) gewaltsame körperliche und/oder seelische Schädigung, die in Familien oder Institutionen (z. B. Kindergärten, Schulen, Heimen) geschieht, und die zu Verletzungen, Entwicklungsverzögerungen oder sogar zum Tode führt, und die somit das Wohl und die Rechte eines Kindes beeinträchtigt oder bedroht."
Definition Kindesmisshandlung

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Es gibt einige Überschneidungen von Mobbing und Cybermobbing, die über die bloße Definition hinausgehen. Der Übergang von Mobbing und Cybermobbing ist oft fließend, da die Opfer von Mobbing in der Schule häufig auch im Internet von den Tätern weiter gemobbt werden und umgekehrt 14) 16) 23). Darüber hinaus übt in beiden Phänomenen das soziale Umfeld eine wesentliche Funktion aus 4). Neben Täter und Opfer finden sich beim (Cyber-)Mobbing: Assistenten (unterstützen den Täter), Verstärker (durch positive Aufmerksamkeit bestärken sie den Täter), Verteidiger (unterstützen das Opfer) und Außenstehende (entziehen sich der Situation, ignorieren die Situation) 17).

Beim Cybermobbing könnte das beispielsweise so aussehen: Ein Cyber-Täter lädt peinliche Bilder eines Cyber-Opfers im Internet hoch, so dass jeder sie sehen kann. Ein Assistent verbreitet die Links der peinlichen Bilder; ein Verstärker benutzt einen Link und schreibt einen gemeinen Kommentar; ein Verteidiger meldet dies den Anbietern der Internetseite und sorgt dafür, dass die Bilder gelöscht werden; ein Außenstehender nutzt die zugeschickten Links nicht sondern löscht die entsprechende E-Mail.

Neben diesen Gemeinsamkeiten von Mobbing und Cybermobbing gibt es deutliche konzeptuelle Unterschiede: Im Gegensatz zu Mobbing kann ein Täter bei Cybermobbing vermeintlich anonym bleiben 4) 23). Diese Anonymität hat zur Folge, dass der Täterkreis sich deutlich vergrößert, denn die Täter fühlen sich geschützter vor den Konsequenzen, die Hemmschwelle sinkt im Vergleich zu Mobbing und somit werden auch Kinder und Jugendliche zu Cyber-Tätern, die in der Schule nicht zum Täter werden 4) 14). Darüber hinaus bekommt der Täter keine direkte Rückmeldung vom Opfer, da er ihm nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüber steht. Dadurch bleiben die emotionalen Reaktionen des Opfers für den Täter im Verborgenen und er kann nicht immer erkennen, wann für das Opfer Grenzen überschritten sind 15). Dies kann dazu führen, dass die Täter von Cybermobbing weniger Empathie empfinden und die aggressiven Handlungen besonders brutal und grausam ausfallen.

Aus dem gleichen Grund ist es für das Opfer schwieriger die wahre Intention des Täters zu interpretieren 12). Das Opfer kann schädigende Absicht oder Spaß nicht unterscheiden. Verschärfend kommt hinzu, dass aufgrund der großen Verbreitung von (mobilem) Internet und Handys Cybermobbing örtlich und zeitlich unbegrenzt ist. Wenn man so will, beginnt Cybermobbing dort, wo Mobbing aufhört und dringt rund um die Uhr in das Leben zu Hause ein. Für die Opfer ist es daher viel schwieriger, sich dem zu entziehen.

Dazu kommt, dass sich Cybermobbing sehr schnell an ein großes Publikum verbreiten kann. Was einmal im Netz steht, kann niemand mehr kontrollieren – weder Opfer noch Täter von Cybermobbing – und es kann kaum mehr dauerhaft gelöscht werden 4). Durch diese potentiell große Öffentlichkeit kann es zu verstärkten negativen Auswirkungen auf die Opfer kommen 5). Eine weitere Besonderheit des Cybermobbings ist ein erweiterter Kreis von potentiellen Opfern. So können beim Cybermobbing auch Erwachsene, beispielsweise Lehrer, zu Opfern werden, die ansonsten durch ihr Alter oder ihre körperliche Überlegenheit üblicherweise nicht zum Opferkreis beim Mobbing durch Kinder und Jugendliche zählen 7).

 


Cybermobbing ist vereinfacht gesagt Mobbing mit Hilfe von Internet- oder Handyanwendungen  19).

Es kann folgende Formen annehmen 24):

  • Schikane (engl. Harassment): direkte (teilweise nicht-öffentliche) Beleidigungen und Drohungen bzw. Zusenden von unhöflichen oder verletzenden Nachrichten, beispielsweise E-Mails;
  • Verunglimpfung (engl. Denigration): öffentliches Verbreiten unwahrer Gerüchte über einen Dritten, die dessen Ansehen schaden, beispielsweise über Soziale Netzwerke wie Facebook;
  • Betrug (engl. Impersonation): unbefugtes Auftreten unter falscher Identität, das dem Ansehen der betroffenen Person schadet, beispielsweise in einem Chat;
  • Verrat (engl. Outing &Trickery): öffentliches Verbreiten von Geheimnissen oder privaten Fotos / Videos gegen den Willen des Betroffenen, um den Betroffenen bloßzustellen, beispielsweise auf YouTube;
  • Ausgrenzung (engl. Exclusion): systematischer Ausschluss einer Person von einer Online-Gruppe, deren Kommunikationskanälen und online Aktivitäten, beispielsweise aus einer Gruppe bei Facebook.

Anhand dieser Auflistung wird deutlich, dass Cybermobbing nicht zwangsläufig vom Opfer bemerkt werden muss, sondern hinter dem Rücken der Betroffenen stattfinden kann. Außerdem sind im Cyberspace nicht alle Kriterien von Mobbing eindeutig feststellbar. Beispielsweise ist Wiederholung bei Cybermobbing teilweise eindeutig vorhanden (z. B. mehrfaches Übersenden beleidigender E-Mails), teilweise eher vom Opfer empfunden (z. B. einmaliges Veröffentlichen eines peinlichen Fotos aber viele Personen sehen dieses im Internet).

Auch das Machtungleichgewicht kann bei Cybermobbing andere Formen annehmen, beispielsweise durch die Hilflosigkeit der Opfer angesichts der Anonymität oder der technischen Versiertheit der Täter. Auch können Opfer von Cybermobbing häufig nicht unterscheiden, ob ein Täter eine Schädigungsabsicht hatte, oder ob eine (empfundene) Attacke im Internet eigentlich als Spaß gemeint war.

Um diesen Punkten gerecht zu werden und schon die ersten Anzeichen von Cybermobbing erkennen zu können, definieren wir daher für die Praxis Cybermobbing wie folgt:

"Cybermobbing sind alle Formen von Schikane, Verunglimpfung, Betrug, Verrat und Ausgrenzung mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien, bei denen sich das Opfer hilflos oder ausgeliefert und (emotional) belastet fühlt […]" 13).

 

Mobbing ist weder unter Kindern und Jugendlichen in der Schule noch in der Forschung ein neues Phänomen. Dazu gehören beispielsweise körperliche Aggression (z. B. schlagen, stoßen, treten) oder verbale Angriffe (z. B. "dumme Sprüche" nachrufen, drohen, hänseln). Wichtig ist dabei, dass die Täter dem Opfer schaden möchten (Absicht), dass sich das Opfer nicht wehren kann (Machtungleichgewicht), und dass die Angriffe über längere Zeit hinweg immer wieder passieren (Wiederholung) 8*).

In den letzten 10 Jahren, und untrennbar mit dem rasanten Aufstieg des Internets und der mobiler Kommunikationstechnologien verbunden, macht ein neues Phänomen von sich reden: Cybermobbing. Cybermobbing ist vereinfacht gesagt Mobbing mit Hilfe von Internet- oder Handyanwendungen 19).

Der Abschnitt "Cybermobbing" auf dieser Website definiert Cybermobbing, stellt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Mobbing und Cybermobbing heraus, geht der Frage nach, wie gefährdet Kinder und Jugendlichen Im Netz sind, betrachtet die Folgen von Cybermobbing für Opfer und Täter und zeigt Lösungsansätze gegen Cybermobbing. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt mit einem separaten Literaturnachweis zum Thema.

 

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* siehe Literaturnachweis zum Thema Cybermobbing.


Literatur zum Abschnitt
"Früherkennung und Prävention von Kindeswohlgefährdungen in der frühen Kindheit"

  1. Kempe, R.S., Kempe, C (1980): Kindesmisshandlung. Stuttgart, S. 85 – 96.
  2. Filsinger, Barbara, Bechthold, I. et al. (2010): Kinderschutz beginnt im Kreißsaal. In: Prävention von Gewalt gegen Kinder. Kinderärztliche Praxis 81, S. 159 - 163.
  3. Zu Babylotse: Pauwels, Silke, Metzner, Franka et al. (2011): Soziale Frühwarnsysteme: ambulant versus stationär – oder beides?! In: Interdisziplinäre Fachzeitschrift für Prävention und Intervention. Kindesmisshandlung und -vernachlässigung, Vandenhoek u. Ruprecht, S. 20 – 33.
  4. Kratzsch, Wilfried (2004): Modell zur Frühesterkennung von Entwicklungsgefährdungen bei Hoch-Risikokindern zum Zeitpunkt der Geburt. In: Konzepte und Modelle zur Früherkennung von Entwicklungsgefährdungen bei Säuglingen und Kleinkindern. It Takes TWO to Tango. Verein für Kommunalwissenschaften e.V. Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe 43/2. Berlin, S. 24 – 31.
  5. Werner, Emmy, E., Smith, R.R. (1989): Vulnerable but invincible: A longitudinal Study of Resilient Children and Youth. New York.
  6. Laucht, Martin, Schmidt, Martin, Esser, Günther (2000): Risiko- und Schutzfaktoren in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. In: Frühförderung interdisziplinär, 19. Nr. 3, S. 97 – 108.
  7. Collatz Jürgen (2010): Zuspitzungen der Problemlagen von Müttern/Vätern und Kindern und die Notwendigkeit einer familienmedizinischen Orientierung des Gesundheitssystems in Deutschland. In: Familienmedizin in Deutschland. Hrsg.: Collatz, Jürgen. Pabst Science Publishers, Lengerich.
  8. Kabir K. et al: Identifying Postpartum Depression: Are 3 Questions as Good as 10? Pediatrics122: e696-e702(2008) und Lips, Ulrich: Persönliche Mitteilung, Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle Universitäts-Kinderspital Zürich.
  9. Deegener, Günther, Körner, W. (2011): Risiko- und Schutzfaktoren – Grundlagen und Gegenstand psychologischer, medizinischer und sozialpädagogischer Diagnostik in Erfassung von Kindeswohlgefährdung in Theorie und Praxis. Hrsg.: Körner, Wilhelm, Deegener, G. Pabst Science Publishers. Lengerich, Berlin et al., S. 201 - 250.
  10. Brisch, Karl-Heinz (2002): Klassifikation und klinische Merkmale von Bindungsstörungen. In: Monatsschr. Kinderheilk. 150: S. 140 -148.
  11. GKV-Spitzenverband (27.8.2010): Leitfaden Prävention.
  12. Safe: Sichere Ausbildung für Eltern. Trainingsprogramm. http://www.safe-programm.de
  13. Steep: http://www.gerhard-suess.de
  14. Universitätsklinikum Ulm: Entwicklungspsychologische Beratung (EPD). http://www.entwicklungspsychologische-beratung.de
  15. Landesregierung NRW. Sicherer Schlaf (Flyer).
  16. Risikobogen I - III. Seit 2008 in modifizierter Form eingesetzt in der Geburtshilfe der Städtischen Kliniken Solingen.
  17. Kratzsch, Wilfried (2000): Rechtzeitiges Erkennen von Fehlentwicklungen im frühen Kindesalter aus medizinisch/klinischer Sicht. In: Rechtzeitiges Erkennen von Fehlentwicklungen im frühen Kindesalter und das angemessene Reagieren von Jugendhilfe und Medizin unter besonderer Berücksichtigung von Datenschutz und Schweigepflicht. Dokumentation des Workshops am 30. und 31. März in Berlin. Verein für Kommunalwissenschaft e. V. Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe 26, S.12- 24.
  18. Kratzsch, Wilfried (2010): Aufbau eines flächendeckenden Netzes früher Hilfen. In: Prävention von Gewalt gegen Kinder. Kinderärztliche Praxis 81, S. 151 - 161.
  19. AG Risikoinventar-Prävention: http://www.forum-kinderzukunft.de/risikoinventar
  20. Kindler, Heinz (2009): Wie könnte ein Risikoinventar für frühe Hilfen aussehen? In: Frühe Hilfen im Kinderschutz. Weinheim und München: Juventa. S. 173 - 232.
  21. Checklisten für Vorsorgeuntersuchungen nach den Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie, 4. Auflage 2011, revidiert und aktualisiert im Auftrage der SG.
  22. Nachverfolgungsbögen, eingesetzt im Multicenterprojekt KinderZUKUNFT. http://www.kinderzukunft-nrw.de
  23. Schmidt, M.H. (1990): Die Untersuchung abgelehnter und/oder vernachlässigter Säuglinge aus der Kohorte von 362 Kindern der Mannheimer Studie. In: Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung von Kindern. Erkennen, Bewusstmachung, Helfen. Martinius, Joest, Frank, Reiner (Hrsg.). Bern, Stuttgart, Toronto: Huber und persönliche Mitteilung von Laucht, Martin (2011), Institut für seelische Gesundheit, Mannheim.

 

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