"Seelische oder psychische Gewalt sind "Haltungen, Gefühle und Aktionen, die zu einer schweren Beeinträchtigung einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Bezugsperson und Kind führen und dessen geistig-seelische Entwicklung zu einer autonomen und lebensbejahenden Persönlichkeit behindern."
EGGERS, 1994

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Besteht der Verdacht auf Kindesmisshandlung, so ist es für den behandelnden Arzt wichtig, die Rahmenbedingungen für das weitere Vorgehen zu kennen. Hier sind zum einen die gesetzlichen Vorgaben zu Schweigepflicht und Datenschutz zu nennen, welche die Rechte von Kind und Eltern schützen. Zum anderen sind jedoch auch Ausnahmen davon vorgesehen, wenn eine Kooperation mit anderen Institutionen notwendig erscheint.

Zum Wohle des Kindes dient hierbei auch die Klärung eigener Einstellungen und Wertungen. Die Kenntnis eigener Möglichkeiten und Grenzen erlaubt dabei ein besonnenes Handeln.

Nachfolgend werden sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen, Empfehlungen für die ärztliche Praxis als auch Konsequenzen des Handelns aufgezeigt.

 


Im Unterschied zu körperlicher oder seelischer Gewalt gegen Kinder, die häufig aus Hilflosigkeit und Überforderung ausgeübt werden, ist die sexuelle Gewalt an Kindern in der Regel ein planvolles, oft über Jahre andauerndes Verhalten, das sich in seiner Intensität allmählich steigert. Während Kindesmisshandlung von Männern und Frauen verübt wird, geht die sexuelle Gewalt überwiegend von Männern bzw. männlichen Jugendlichen aus.

Unter sexueller Gewalt versteht man sexuelle Handlungen eines Erwachsenen bzw. eines älteren Jugendlichen an und mit einem Kind, wobei der Erwachsene das Kind als Objekt zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse benutzt und es nicht imstande ist, die Situation zu kontrollieren. Auch wenn Kinder sexuelle Handlungen mit einem Erwachsenen situativ als angenehm empfinden können, liegt hier ein Missbrauch vor.

Die Erwachsenen bzw. Jugendlichen nutzen ihre Macht als Ältere oder ihre Autorität innerhalb eines spezifischen Abhängigkeitsverhältnisses (als Vater, Lehrer, Fußballtrainer o. ä.) aus, um ihre Interessen durchzusetzen. Sie erreichen dies, indem sie emotionalen Druck ausüben, die Loyalität eines Kindes ausnutzen, durch Bestechung mit Geschenken, Versprechungen oder Erpressungen, aber auch mit dem Einsatz körperlicher Gewalt. Viele missbrauchende Erwachsene verpflichten oder erpressen die Kinder zum Schweigen über den Missbrauch.

Als Formen sexueller Gewalt sind das Berühren des Kindes an den Geschlechtsteilen, die Aufforderung, den Täter anzufassen, Zungenküsse, oraler, vaginaler und analer Geschlechtsverkehr, Penetration mit Fingern oder Gegenständen anzusehen. Auch Handlungen ohne Körperkontakt wie Exhibitionismus, Darbieten von Pornographie, eine sexualisierte Sprache und die Herstellung von Kinderpornographie sind sexuelle Gewaltakte.

Diese Formen der sexuellen Gewalt werden zunehmend auch im Internet dargestellt und verbreitet.


Die Vernachlässigung stellt eine Besonderheit sowohl der körperlichen als auch der seelischen Kindesmisshandlung dar. Eltern können Kinder vernachlässigen, indem sie ihnen Zuwendung, Liebe und Akzeptanz, Betreuung, Schutz und Förderung verweigern, oder indem die Kinder physischen Mangel erleiden müssen. Dazu gehören mangelnde Ernährung, unzureichende Pflege und gesundheitliche Fürsorge bis hin zur völligen Verwahrlosung.

Diese andauernde oder wiederholte Unterlassung fürsorglichen Handelns kann aktiv oder passiv (unbewusst), aufgrund unzureichender Einsicht oder unzureichenden Wissens erfolgen und sind Ausdruck einer stark beeinträchtigten Beziehung zwischen Eltern und Kind. Um gerade die langfristige Auswirkung von Vernachlässigung zu verdeutlichen, kann folgende Definition hilfreich sein:

"Die durch Vernachlässigung bewirkte chronische Unterversorgung des Kindes durch die nachhaltige Nichtberücksichtigung, Missachtung oder Versagung seiner Lebensbedürfnisse hemmt, beeinträchtigt oder schädigt seine körperliche, geistige und seelische Entwicklung und kann zu gravierenden bleibenden Schäden oder gar zum Tode des Kindes führen" (SCHONE, 1997).


Seelische oder psychische Gewalt sind "Haltungen, Gefühle und Aktionen, die zu einer schweren Beeinträchtigung einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Bezugsperson und Kind führen und dessen geistig-seelische Entwicklung zu einer autonomen und lebensbejahenden Persönlichkeit behindern" (EGGERS, 1994).

Seelische Gewalt liegt z.B. dann vor, wenn dem Kind ein Gefühl der Ablehnung vermittelt wird. Diese Ablehnung wird ausgedrückt, indem das Kind gedemütigt und herabgesetzt, durch unangemessene schulische, sportliche und künstlerische Anforderungen überfordert, oder durch Liebesentzug, Zurücksetzung, Gleichgültigkeit und Ignorieren bestraft wird.

Schwerwiegend sind ebenfalls Handlungen, die dem Kind Angst machen: Einsperren in einen dunklen Raum, Alleinlassen, Isolation des Kindes, Drohungen, Anbinden. Vielfach beschimpfen Eltern ihre Kinder in einem völlig überzogenen Maße oder brechen in Wutanfälle aus, die für das Kind nicht nachvollziehbar sind.

Mädchen und Jungen werden auch für die Bedürfnisse der Eltern missbraucht, indem sie gezwungen werden, sich elterliche Streitereien anzuhören oder sie in Beziehungskonflikten instrumentalisiert werden. Aber auch überbehütendes und überfürsorgliches Verhalten kann zu seelischer Gewalt werden, wenn dadurch das Gefühl von Ohnmacht, Wertlosigkeit und Abhängigkeit vermittelt wird.

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