"Die durch Vernachlässigung bewirkte chronische Unterversorgung des Kindes durch die nachhaltige Nichtberücksichtigung, Missachtung oder Versagung seiner Lebensbedürfnisse hemmt, beeinträchtigt oder schädigt seine körperliche, geistige und seelische Entwicklung und kann zu gravierenden bleibenden Schäden oder gar zum Tode des Kindes führen."
SCHONE, 1997

Neues

Literaturverzeichnis für den Abschnitt Cybermobbing:

  1. Braun, I., Djordjevic, V., Kreutzer, T., Otto, P., Spielkamp, M. & Weitzmann, J. H.: Spielregeln im Internet. Durchblicken im Rechte-Dschungel. Ludwigshafen / Düsseldorf, 2010.
  2. Couvillon, M. & Ilieva, V.: Recommended Practices: A Review of Schoolwide Preventative Programs and Strategies on Cyberbullying. In: Preventing School Failure: Alternative Education for Children & Youth (55), Heft 2, Seite 96–101, 2011.
  3. Diamanduros, T., Downs, E. & Jenkins, S.: The role of school psychologists in the assessment, prevention and intervention of cyberbullying. In: Psychology in the Schools (45), Heft 8, Seite 693-704, 2008.
  4. Dooley, J. J., Pyżalski, J. & Cross, D.: Cyberbullying Versus Face-to-Face Bullying. A Theoretical and Conceptual Review. In: Zeitschrift für Psychologie / Journal of Psychology (217), Heft 4, Seite 182–188, 2009.
  5. Fawzi, N.: Cyber-Mobbing: Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet. Baden-Baden, 2009
  6. Gradinger, P., Strohmeier, D. & Spiel, C.: Traditional Bullying and Cyberbullying. In: Zeitschrift für Psychologie / Journal of Psychology (217), Heft 4, Seite 205–213, 2009.
  7. Grimm, P. & Clausen-Muradian, E.: Cyber-Mobbing - psychische Gewalt via Internet: "Ja, Beleidigungen, Drohungen. So was halt." (Alba). In: KJuG (54), Heft 2, Seite 33–37, 2009.
  8. Jäger, R. S., Fischer, U. & Riebel, J.: Mobbing bei Schülerinnen und Schülern der Bundesrepublik Deutschland. Die Sicht von Lehrkräften – eine Erkundungsstudie. Landau, 2007.
  9. Katzer, C., Fetchenhauer, D. & Belschak, F.: Cyberbullying: Who are the victims? A comparison of victimization in internet chatrooms and victimization in school. In: Journal of Media Psychology: Theories, Methods, and Applications (21), Heft 1, Seite 25-36, 2009a.
  10. Katzer, C.,Fetchenhauer, D. & Belschak, F.: Cyberbullying in Internet-Chatrooms – Wer sind die Täter? In: Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie (41), Heft 1, Seite 33–44, 2009b.
  11. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: JIM 2010 - Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart, 2010.
  12. Ortega, R., Elipe, P., Mora-Merchán, J. A., Calma-estra, J. & Vega, E.: The Emotional Impact on Victims of Traditional Bullying and Cyberbullying. A Study of Spanish Adolescents. In: Zeitschrift für Psychologie / Journal of Psychology (217), Heft 4, Seite 197–204, 2009.
  13. Pieschl, S. & Porsch, T.:Schluss mit Cybermobbing! Das Trainings- und Präventionsprogramm "Surf-Fair". Weinheim / Basel, 2012, in Vorbereitung.
  14. Raskauskas, J. & Stoltz, A. D.: Involvement in traditional and electronic bullying among adolescents. In: Developmental Psychology (43), Heft 3, Seite 564–575, 2007.
  15. Riebel, J. & Jäger, R. S.: Cyberbullying als neues Gewaltphänomen. Definitionen, Erscheinungsformen, Tätereigenschaften und Implikationen für die Praxis. In: KJuG (54), Heft 2, Seite 38–41, 2009.
  16. Riebel, J., Jäger, R. S. & Fischer, U. C.: Cyberbullying in Germany – An exploration of pre-valence, overlapping with real life bullying and coping strategies. In: Psychology Science (51), Heft 3, Seite 298-314, 2009.
  17. Salmivalli, C.: Participant role approach to school bullying: Implications for intervention. In: Journal of Adolescence (22), Heft 4, S. 453-459, 1999.
  18. Schultze-Krumbholz, A. & Scheithauer, H.: Social-Behavioral Correlates of Cyberbullying in a German Student Sample. In: Zeitschrift für Psychologie / Journal of Psychology (217), Heft 4, Seite 224–226, 2009.
  19. Slonje, R. & Smith, P. K.: Cyberbullying: Another main type of bullying? In: Scand J Psychol (49), Heft 2, Seite 147–154, 2008.
  20. Smith, P. K., Mahdavi, J., Carvalho, M., Fisher, S., Russel, S. &Tippett, N.: Cyber-bullying, its forms and impact in secondary school pupils. In: Journal of Child Psychology and Psychiatry (49), Heft 4, Seite 376-385, 2008.
  21. Staude‐Müller, F., Bliesener, T. & Nowak, N.: Cyberbullying und Opfererfahrungen von Kindern und Jugendlichen im Web 2.0. In: KJuG (54), Heft 2, Seite 42‐47, 2009.
  22. Techniker Krankenkasse Landesvertretung NRW: TK Meinungspuls Gesundheit 2011 - Erhebung "Cyberbullying". 2011. https://www.tk.de/tk/nordrhein-westfalen/engagement-im-land/gewalt-gegen-kinder/12660 (Stand: 26.01.2017).
  23. Tokunaga, R. S.: Following you home from school: A critical review and synthesis of research on cyberbullying victimization. In: Computers in Human Behavior (26), Heft 3, Seite 277–287, 2010.
  24. Willard, N. E.: Cyberbullying and cyberthreats: Responding to the challenge of online social aggression, threats, and distress. Research Press, Champaign, Ill, 2007.
  25. Wong-Lo, M. & Bullock, L.: Digital Aggression: Cyberworld Meets School Bullies. In: Preventing Sch. Failure: Alternative Educ. for Children & Youth (55), Heft 2, Seite 64–70, 2011.
  26. Ybarra, M. & Mitchell, K.: Online aggressor / targets, aggressors, and target: A comparison of associ-ated youth characteristics. In: The Journal of Child Psychology and Psychiatry (45), Heft 7, Seite 1.308-1.316, 2004.

 


Opfer brauchen Unterstützung. Diese kann beispielsweise geleistet werden durch ihr familiäres (Eltern, Geschwister) oder schulisches Umfeld (Lehrer, Mitschüler, Freunde), aber auch von allen weiteren Berufsgruppen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben (Ärzte, Sozialarbeiter, Ehrenamtler, Betreuer, …). Damit diese Hilfe in Anspruch genommen wird, sollte eine Atmosphäre des Vertrauens geschaffen werden. Kinder und Jugendliche müssen mit ihren Problemen ernst genommen werden und mit Erwachsenen über diese reden können, ohne dass Sie selbst dabei Konsequenzen zu fürchten haben. Eine restriktive Medienerziehung und ein (vermeintlicher) Schutz der Opfer durch Nutzungsverbote sind kontraproduktive Vorgehensweisen, die dazu führen, dass viele Opfer von Cybermobbing aus Angst vor einem Internet- bzw. Handyverbot ihre negativen Erfahrungen vor Erwachsenen verschweigen 21) 25).

Einerseits wird das Wahrnehmen von Cybermobbing, und somit auch die Unterstützung der Opfer, unmöglich. Andererseits kann Medienkompetenz nur dadurch erworben werden, dass Kinder und Jugendliche frühzeitig mit Handy und Internet umgehen lernen. Dabei kommt es vor allem darauf an, wie diese Medien genutzt werden! Essentiell für die Kinder und Jugendlichen ist es also, dass ihnen schon früh in der Mediensozialisation Strategien an die Hand gegeben werden, um Cybermobbing im Netz angemessen zu begegnen.



Was kann man tun, bevor es zu Cybermobbing kommt?

Vorsorge (proaktive Präventionsarbeit) ist in diesem Fall besser als Nachsorge. Wenn es erst einmal zu Cybermobbing gekommen ist, gibt es keine einfache oder ideale Lösung mehr! Bei der Prävention von Cybermobbing sind Eltern und Schulen gleichermaßen gefragt.

Sobald Kinder und Jugendliche anfangen, das Internet zu nutzen, sollten Eltern sich ebenfalls mit dem Internet beschäftigen um Gefahrenpotentiale realistisch einschätzen zu können, ihre Kinder bei der Internutzung zu begleiten und ihnen einen verantwortlichen Umgang mit anderen im Netz beizubringen 21). Dazu gehört beispielsweise die Einführung von Verhaltensregeln der Mediennutzung (Netiquette) aber auch Absprachen darüber, welche Seiten genutzt werden können und welche persönlichen Informationen preisgegeben werden dürfen. Dazu finden Eltern beispielsweise gute Informationen auf den Internetseiten von Klicksafe.

Auch ist es sinnvoll die Namen, Nicknamen und E-Mail-Adressen der Kinder regelmäßig im Netz zu suchen, um Einträge über sie und von ihnen zu finden 25). Wenn Eltern vermuten, dass ihr Kind ein Cyber-Opfer oder ein Cyber-Täter ist, sollten sie das Gespräch suchen und verdeutlichen, dass sie an einer gemeinsamen konstruktiven Lösung interessiert sind und nicht auf Internet- oder Handyverbote zurückgreifen werden.

In ähnlicher Weise sollten Schulen mit der Schülerschaft zusammen klare Verhaltensregeln der Mediennutzung (Netiquette) entwickeln und diese per Selbstverpflichtung einführen 2). Dazu finden Lehrer beispielsweise gute Informationen und Unterrichtsmaterialien auf den Internetseiten von Klicksafe. Darüber hinaus können Vertrauenspersonen als Ansprechpartner für alle Internetprobleme benannt werden, am besten Erwachsene, beispielsweise eigens geschulte Vertrauenslehrer oder Schulsozialpädagogen. Aber auch Gleichaltrige können bei entsprechender Schulung solche Positionen gut wahrnehmen, da sie bei ähnlicher Mediennutzung und auf Augenhöhe mit den Betroffenen die Probleme nachvollziehen können.

Die beste Präventionsmöglichkeit bietet die frühzeitige und wiederholte Durchführung von Unterrichtseinheiten und Präventionstrainings gegen Cybermobbing 2). Bisher gibt es verschiedenste Überlegungen darüber, wie solche Präventionsmaßnahmen aussehen sollten.

Ein gutes Beispiel ist das Präventionsprogramm gegen Cybermobbing "Surf-Fair" 13). Es zeichnet sich besonders durch ein konsistentes didaktisches Konzept aus, richtet sich ausschließlich gegen Cybermobbing und stellt vor allem die Stärkung von Medienkompetenz in den Vordergrund. Die Wirksamkeit von Surf-Fair wurde durch wissenschaftliche Evaluationsstudien systematisch überprüft und das Programm wird anhand der Ergebnisse kontinuierlich verbessert.



Was kann man als Reaktion auf Cybermobbing tun?

Sollte es doch zu einem konkreten Vorfall von Cybermobbing kommen, ist zu bedenken, dass grundsätzlich jedes Cybermobbing anders ist. Es gibt keine einfache oder ideale Lösung! Daher sollten die folgend vorgeschlagenen Maßnahmen der jeweiligen Situation angepasst und deren Wirkungen auf die Schulklasse und die Situation des Opfers einbezogen werden. Das Vorgehen sollte nicht nur mit den Betroffenen selbst, sondern auch – je nach Bedarf – mit Eltern, Lehrern, Schulleitung und gegebenenfalls professionellen Hilfsangeboten wie Schulpsychologischen Beratungsstellen abgestimmt werden.

Bei leichteren Fällen von Cybermobbing sollte man unbedingt selbst aktiv werden. Wenn das Cybermobbing jedoch nicht aufhört oder es sich (direkt) um ernst zu nehmende Gewaltandrohungen, Nötigungen oder gar Erpressungen handelt, wie auch Situationen bei denen die Beseitigung von Spuren (z. B. Fotos) des Cybermobbings Probleme bereitet, sollten auch Anwälte und Strafverfolgungsbehörden einbezogen werden.

Ein gutes Vorgehen ist folgende Vier-Stufen-Strategie 13):

Beruhigen – Sichern – Melden - Hilfe

Als erstes gilt: Sich und die Cybermobbing Situation zu beruhigen. Innehalten und nachdenken, jedoch nie auf Schikane im Netz mit ähnlichem Verhalten antworten, denn dies bestätigt nur den Täter und führt zum Aufschaukeln der Situation.

Als zweites gilt: Immer das Cybermobbing zu dokumentieren und somit Beweise zu sichern. E-Mails oder SMS nicht löschen, Screenshots von Beiträgen / Bildern auf den Internetseiten machen (Tastenkombination: Strg + Druck, dann mit Strg + V in ein Worddokument einfügen, zusätzlich die Internetdresse kopieren, Datum und Uhrzeit einfügen), bei Videos ein Mitschnitt machen (es gibt spezielle Programme oder Erweiterungen für die Browser, z. B. http://www.flashvideodownloader.org/).

Als drittes gilt: Dem Betreiber des Internetangebotes die Inhalte sowie den Täter (Profil, Nickname) zu melden und deren Löschung zu fordern. Die meisten Seiten haben z. B. einen „Melde-Button“ in ihr Angebot implementiert oder es gibt Kontaktadressen der Betreiber. Damit kann verhindert werden, dass Cybermobbing – beispielsweise gemeine Kommentare oder peinliche Fotos – weiterhin öffentlich zu sehen sind. Außerdem kann es ratsam sein, den Cyber-Täter auf die Blockieren-/Ignorieren-Liste zu setzen, um keine weiteren Nachrichten von ihm zu empfangen. Ist ein Cyber-Täter unter dem Namen eines anderen im Netz unterwegs und treibt sein Unwesen, oder hat Zugang zu dem echten Profil eines anderen (Betrug), so sollte der Betroffene dem Betreiber dies ebenfalls sofort melden.



Und viertens gilt: Cyber-Opfer sollten Freunden, Eltern oder anderen Vertrauenspersonen über ihre Erfahrungen berichten und sich bei ihnen Hilfe holen. Einerseits können Gleichaltrige emotionale Unterstützungen leisten und haben vielleicht Tipps für technische Lösungen wie beispielsweise Cybermobbing beim Anbieter zu melden. Andererseits sollten in jedem Fall Erwachsene hinzugezogen werden, da diese besser beurteilen können, in welchen Situationen weitere professionelle Hilfe nötig ist. Professionelle Hilfe gibt es an ganz unterschiedlichen Stellen.

Im Schulkontext beispielsweise können Elternpflegschaftsvorsitzende, Schulsprecher, Klassen- oder Vertrauenslehrer, Schulsozialpädagogen oder Schulleiter angesprochen werden. Auch wenn Cybermobbing außerhalb der Schule stattfindet, sollte es dort thematisiert werden, denn oft sind Opfer und Täter in der gleichen Klasse oder auf der gleichen Schule. Darüber hinaus gibt es in jeder größeren Stadt Schulpsychologische Beratungsstellen, Erziehungsberatungsstellen, Jugendämter und Polizeidienststellen mit kompetenten Ansprechpartnern.

Falls Betroffene im Elternhaus und in der Schule keine Ansprechpartner finden, können sie sich auch anonym und kostenfrei von Handy und Festnetz an eine bundesweite "Nummer gegen Kummer" (0800 111 0333) wenden oder sich von Gleichaltrigen im Internet beraten lassen (http://www.juuuport.de).

Autoren: Stefanie Pieschl und Torsten Porsch

 

 


Cybermobbing hat meist Folgen für die Opfer, aber auch häufig für die Täter. Diese können einerseits abhängig sein von Ausmaß, Häufigkeit und Dauer des Cybermobbings 23). Andererseits sind die Folgen abhängig von den Betroffenen selbst. Beispielsweise berichten viele Kinder und Jugendliche von extremer emotionaler Belastung durch Cybermobbing, andere geben an, dass ihnen Cybermobbing nichts aus macht 9) 12).

Folgen für die Opfer

Betroffene können sich Cybermobbing kaum entziehen, da es ständig verfügbar und öffentlich verbreitet ist 5). Besonders öffentliches Cybermobbing mit (peinlichen) Fotos und Videos wird als belastend empfunden 20). Diese Belastung steigt, wenn Cyber-Opfer in der Realität auf die peinlichen und belastenden Inhalte angesprochen werden 21). Dennoch hängen die Folgen für die Opfer von der Art des Cybermobbings und ihrer eigenen Bewertung ab. Nicht jede gemeine E-Mail zieht automatisch schwerwiegende Konsequenzen nach sich.

Wie Cybermobbing belastet

Werden Cyber-Opfer direkt nach den Folgen von Cybermobbing für sie persönlich gefragt, so berichten in internationalen Studien circa ein Fünftel der Cyber-Opfer von ernsthafter emotionaler Belastung, ein Drittel von keiner empfundenen Belastung und der Rest von leichter emotionaler Belastung 12). Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch im Rahmen der TK-Studie 22): Wie in obiger Abbildung zu sehen, waren beispielsweise 66 Prozent der Betroffenen wütend, 35 Prozent fühlten sich verletzt und 18 Prozent berichteten von Schlaflosigkeit, einer ernstzunehmenden psychosomatischen Folge.


 

Wer wird Täter?

Für jeden Nutzer neuer Kommunikationstechnologien ist es relativ einfach, Täter von Cybermobbing zu werden, auch hier lassen sich bisher nur erste Risikofaktoren identifizieren:

Auch wenn der Zusammenhang von Cyber-Täterschaft und Geschlecht noch nicht abschließend geklärt ist 23), gibt es doch Forschungsergebnisse, die nahe legen, dass Jungen häufiger Cyber-Täter werden als Mädchen 10) 22). Für Klassen- oder Altersstufen und Schulform gibt es bisher keine eindeutig gesicherten Erkenntnisse.

Cybermobbing OpferVergleicht man Cyber-Opfer mit vergleichbaren Kindern und Jugendlichen, die keine Cyber-Opfer sind, zeigen sich außerdem Zusammenhänge mit weiteren psychosozialen Folgen: Opfer von Cybermobbing zeigen mehr depressive Symptome, mehr soziale Ängste, mehr suizidale Gedanken, generell mehr affektive Störungen und sie konsumieren häufiger Drogen 23).

Cybermobbing kann darüber hinaus auch Auswirkungen auf das Verhalten der Betroffenen haben: Opfer von Cybermobbing zeigen häufiger delinquentes Verhalten, haben teilweise mehr Fehlzeiten in der Schule und meiden teilweise ihre Freunde 22) 23). Als Eltern oder Lehrer kann man häufig Verhaltensänderungen in der Nutzung von Kommunikationstechnologien beobachten: Cyber-Opfer fangen teilweise an Kommunikationstechnologien zu meiden, sind bei oder nach der Nutzung häufig ungewöhnlich angespannt oder ängstlich und reden ungern über ihre Erfahrungen 3).

Ähnlich wie bei den Cyber-Opfern kann der Zusammenhang zwischen Mobbing und Cybermobbing ebenfalls als Risikofaktor interpretiert werden: Täter von Mobbing in der Schule werden häufiger auch Täter von Cybermobbing 6) 14). Auch gibt es einen Zusammenhang allein für das Cybermobbing. Täter berichten auch häufig selbst Opfer zu sein 18).

Weitere Risikofaktoren beziehen sich – ähnlich wie bei den Cyber-Opfern – auf das eigene Verhalten im Internet: Bei Jugendlichen, die ausgeprägte Computerkenntnisse besitzen, viel Zeit im Internet verbringen, häufig Kommunikationstechnologien nutzen und generelles Risikoverhalten im Internet zeigen (z. B. Besuch von extremen Chaträumen mit sexualisierten Inhalten oder manipulatives Chatverhalten), steigt die Wahrscheinlichkeit, Täter von Cybermobbing zu werden 10) 20).


 

Strafrechtliche Folgen für die Täter

Auch wenn Cyber-Täter kurzfristig Spaß am Cybermobbing haben können, so zeigen sich auch bei Tätern langfristig eher negative psychosoziale Konsequenzen: Beispielsweise weisen Täter von Cybermobbing im Vergleich zu anderen Kindern und Jugendlichen ein niedrigeres Selbstbewusstsein, häufigere suizidale Gedanken, mehr depressive Symptome, ein stärkeres delinquentes Verhalten und häufigeres Versagen in der Schule auf 26).

Neben persönlichen Folgen reagiert primär das Umfeld der Täter auf Cybermobbing. Einerseits kann es im familiären oder schulischen Umfeld pädagogische oder strafende Maßnahmen gegen die Täter geben. Andererseits ist das Internet kein rechtsfreier Raum. Die Polizei muss aktiv werden, sobald sie von einer strafrechtlich relevanten Cybermobbing Attacke erfährt. Es kommt damit aber nicht zwingend zu einem Gerichtsverfahren, da die Polizei hier in der Regel eine frühzeitige Klärung anstrebt. Jeder Zeuge von Cybermobbing, und nicht nur das Opfer, kann eine Strafanzeige stellen, die dann durch Ermittlungen verfolgt werden muss (§ 158 StPO). Den Großteil der Tatbestände von Cybermobbing, auch wenn es keinen eigenen Straftatbestand "Cybermobbing" gibt, regeln Paragraphen des Strafgesetzbuches (StGB), des Kunsturhebergesetzes (KUG) und des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) .

Grundsätzlich ist die freie Meinungsäußerung geschützt, auch wenn Sie öffentlich (z. B. auf einer Homepage im Internet oder per SMS / E-Mail an eine größere Personengruppe) erfolgt. Falsche Tatsachenbehauptungen, wie z. B. das Verbreiten von unwahren Gerüchten, können aber unterbunden werden.

Diese so genannte üble Nachrede bezeichnet eine erweislich unwahre Tatsachenbehauptung (§ 186 StGB), die Verleumdung, auch Lüge genannt, ist durch § 187 StGB sanktioniert.

Die Beleidigung ist nach § 185 StGB unter Strafe gestellt. Beleidigungen sind rechtlich dann als solche anzuerkennen, wenn die geäußerte Kritik unsachlich ist und das übliche Maß überschreitet (z. B. Fäkalbegriffe, Diskriminierungen, Sexismus). Hat die "anklagende" Person zuvor selbst beleidigt, dann muss sie unter Umständen eine Gegenreaktion hinnehmen ("Duldungspflicht") 1).

Jemanden durch starken Druck und der Androhung schlimmer Konsequenzen gegen seinen Willen zu etwas zwingen, heißt Nötigung und ist durch § 240 StGB geregelt. Die Bedrohung ist die ernst zu nehmende Ankündigung von schwerer Gewalt (z. B. auf dem Schul- oder Heimweg) und wird durch § 241 StGB untersagt.

Bei Bildaufnahmen, dazu zählen auch Videos, ist in erster Linie § 22 KUG relevant. Demnach dürfen nur Bildnisse mit Einwilligung des Abgebildeten, bei Minderjährigen der Eltern, verbreitet bzw. veröffentlich werden. Bevor man ein Foto einer Person, auch eines Freundes, ins Internet einstellt, muss diese vorab um Erlaubnis gefragt werden. Besonders geschützt ist eine Personen im höchstpersönlichen Lebensbereich, also "die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet", dazu zählt z. B. die Schultoilette. Bildnisse dieser Situationen dürfen erst gar nicht ohne Einwilligung aufgenommen werden, geschweige denn veröffentlicht werden (§ 201a StGB) 7).

Parallel zu strafrechtlichen Interventionen kann das Opfer Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zivilrechtlich geltend machen (§§ 823, 1004 BGB). Bei Verletzungen von Persönlichkeitsrechten (Privat- / Intimsphäre), des Datenschutzes und der Rechte am eigenen Bild, aber auch aufgrund von psychischen Folgen kann das Opfer auf materiellen Schadensersatz klagen. Bei öffentlichen Beleidigungen etc. und schweren Eingriffen in die Intimsphäre (z. B. jmd. auf dem Klo fotografieren und die Bilder öffentlich machen) ist eine geldliche Entschädigung für das Aushalten einer Peinlichkeit möglich 7).

 

Wie gefährdet sind Kinder und Jugendliche im Netz?

Cybermobbing ist ein verbreitetes Phänomen und somit Realität im Alltag von deutschen Schülern. In einer von der Techniker Krankenkasse (TK) in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage für die gesamte Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden: TK-Studie) wurden beispielsweise 1.000 repräsentative Schüler im Alter zwischen 14 und 20 Jahren per Telefon zu ihren Erfahrungen mit Cybermobbing befragt 22). Es zeigte sich, dass 32 Prozent der Befragten schon einmal Opfer von Cybermobbing waren. Wie die folgende Grafik zeigt, kamen dabei Schikane und Verunglimpfung am häufigsten vor.

Formen des Cybermobbing

Diese Daten decken sich mit einer Zusammenfassung bisheriger internationaler Forschung zum Thema, die zu dem Schluss kommt, dass durchschnittlich 20 bis 40 Prozent der Befragten Opfer von Cybermobbing sind 23).

 


 

Dreiviertel aller Schüler kennen Cybermobbing-Opfer

Andere deutsche (nicht repräsentative) Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Je nach Studie, Fragestellung und Alter der Befragten waren zwischen 4-36 Prozent der Kinder und Jugendliche schon mindestens einmal Opfer von Cybermobbing 13).

Darüber hinaus gaben in der TK-Studie 21 Prozent der Schüler an, dass sie sich vorstellen könnten, zu Tätern von Cybermobbing zu werden, und 8 Prozent gaben zu, tatsächlich schon einmal Cybermobbing betrieben zu haben. Andere deutsche (nicht repräsentative) Studien – bei denen anonyme Fragebögen eingesetzt und nicht direkt per Telefon Fragen gestellt wurden – kommen hier zu höheren Zahlen: Je nach Studie, Fragestellung und Alter der Befragten waren zwischen 15-55 Prozent der Kinder und Jugendlichen schon mindestens einmal Täter von Cybermobbing 13).Jeder vierte Jugendliche hält Cybermobbing für eine der drei größten Gefahren im Internet

Auch das Problembewusstsein bezüglich Cybermobbing ist inzwischen ausgeprägt. In der TK-Studie gaben 75 Prozent der Schüler an, dass sie den Begriff „Cybermobbing“ schon einmal gehört haben, 71 Prozent der Befragten kennen im Kreise ihrer Mitschüler Opfer von Cybermobbing, 55 Prozent haben das Thema Cybermobbing schon an ihren Schulen angesprochen und 35 Prozent mit ihren Eltern  22).

In anderen deutschen Studien gaben 25 Prozent der befragten Jugendlichen an, dass sie Cybermobbing für eine der drei größten Gefahren im Internet halten 11) und kapp 60 Prozent der befragten Lehrerschaft gab an, dass Cybermobbing in den letzten zwei Jahren an ihrer Schule zugenommen hat 8). Aufgrund dieser Ergebnisse kann man festhalten, dass Cybermobbing ein verbreitetes Problem ist. Es schließen sich weitere Fragen an, beispielsweise über mögliche Risikofaktoren und Folgen von Cybermobbing. Bei diesen Fragen steht die wissenschaftliche Forschung noch am Anfang und alle folgenden Ergebnisse sind daher nicht abschließend.

 



Wer wird Opfer?

Generell ist festzuhalten, dass Jeder, besonders als Nutzer neuer Kommunikationstechnologien, Opfer von Cybermobbing werden kann. Dennoch zeigen sich einige Risikofaktoren, andere vermutete Risikofaktoren konnten sich bisher nicht bestätigen:

Im Gegensatz zu Mobbing zeigt sich bisher kein eindeutiger Zusammenhang mit Geschlecht, Jungen und Mädchen werden in den meisten Studien in ähnlichem Ausmaß Opfer von Cybermobbing 22) 23). Ähnliches gilt für die Schulform, auch hier lässt sich bisher kein eindeutiger Zusammenhang finden: In der repräsentativen TK-Studie beispielsweise waren Schüler aller Schulformen ähnlich häufig von Cybermobbing betroffen 22), in einer anderen großen deutschen Studie fand man dagegen deutlich mehr Cybermobbing unter Hauptschülern 11).

Grundsätzlich können Kinder und Jugendliche aller Klassen- und Altersstufen von Cybermobbing betroffen sein. Der Vergleich aller bisher international publizierten Studien legt aber nahe, dass Cybermobbing bis circa zur siebten oder achten Klasse deutlich zu- und anschließend langsam wieder abnimmt 23).

Mobbing auf dem Schulhof

Der Zusammenhang zwischen Mobbing und Cybermobbing kann ebenfalls als Risikofaktor interpretiert werden: Opfer von Mobbing in der Schule werden häufiger auch Opfer von Cybermobbing 6) 14). Auch gibt es einen Zusammenhang allein für das Cybermobbing. Opfer berichten auch häufig selbst Täter zu sein 18).

Weitere Risikofaktoren beziehen sich auf das eigene Verhalten im Internet: Bei Jugendlichen, die viel Zeit im Internet verbringen, häufig Kommunikationstechnologien wie Instant Messenger oder Chat nutzen, ein aktives Profil in einem sozialen Netzwerk betreiben und generelles Risikoverhalten im Internet zeigen (z. B. Preisgabe persönlicher Daten im Internet oder Besuch von extremen Chaträumen mit sexualisierten Inhalten), steigt die Wahrscheinlichkeit, Opfer von Cybermobbing zu werden 9) 20).



Unterkategorien

Leitfaden
Aktuelles vom Leitfaden "Gewalt gegen Kinder".

Leitfaden

Den Leitfaden anzeigen.

Hilfe vor Ort

Derzeit können Sie in 1591 Einträgen (1082 mögliche Kategorien) nach AnsprechpartnerInnen in Ihrer Region in NRW suchen.

Aktuell

Die Datenbank mit den örtlichen Ansprechpartnern wurde zuletzt am 2. Mai 2024 aktualisiert.
Projektleitung:
TK Online
Projektpartner:
Landesinitiative Gesundheit von Mutter und Kind

 

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.